Ein ganzes Jahrzehnt lang, zwischen der zweiten Hälfte der 50er und der zweiten Hälfte der 60er Jahre, eroberte der Jazz die italienischen Bildschirme. Die kalifornischen Be-Bop-Rhythmen, gefiltert und neu interpretiert in einer typisch mediterranen Tonart, wurden zum perfekten Soundtrack für das Italien des Wirtschaftsbooms; die Quintessenz der Musik für ein Land, das sich in einem Moment tiefgreifender und aufregender industrieller, sozialer und kultureller Erneuerung befand. Eine Nation, die sich rasch häutete, ihren Stil, ihr Aussehen und ihre Identität, aber auch ihre Landschaft veränderte und sich dem Rausch des Wirtschaftswunders hingab.
Die Compilation, die Sie jetzt in den Händen halten, wurde wie ein Klangstrom konzipiert, eine Entdeckungsreise, die sorgfältig aus Hunderten von Soundtracks aus dem goldenen Zeitalter des italienischen Jazz zusammengestellt wurde, die im Archiv von CAM Sugar enthalten sind.
33 Tracks, die über die Musik hinausgehen und die Geschichte des italienischen Kinos, der Gesellschaft und ihres unverwechselbaren Stils und Charmes erzählen. Ein Genre, das selbst bei Anklängen an den kalifornischen Be-Bop, an Crime Jazz oder Bossa Nova immer noch überraschend originell und mediterran, elegant und verführerisch klingt, entweder mit fröhlichen Höhepunkten (der Scat von I Cantori Moderni di Alessandroni oder von I 4+4 di Nora Orlandi) oder mit rätselhaften und fast dramatischen Nuancen (»La strega in amore« von Luis Bacalov, »Il batticuore« von Marcello Gigante).
Die Zusammenstellung bietet auch einen wertvollen Einblick in die italienische Jazzszene jener Zeit, mit einer Reihe von beeindruckenden Solisten wie Gianni Basso (Saxophon) und Oscar Valdambrini (Trompete), zwei Piemontesen, die für das RAI-Fernsehorchester unter der Leitung von Armando Trovajoli tätig waren; wie Nunzio Rotondo (Trompete), eine legendäre und schwer fassbare Figur, die eine besondere Beziehung zu Piero Piccioni hatte; oder wie Enrico Rava (Trompete), Franco D'Andrea (Klavier) und Gegé Munari (Schlagzeug), die oft mit Piero Umiliani aufnahmen. Nicht zu vergessen internationale Stars wie Chet Baker und Gato Barbieri, die auch dank Umilianis unermüdlicher Neugierde oft zufällig in die Aufnahmesessions hineingezogen wurden.
»BOOM!« ist wie eine Explosion, die des italienischen Jazz im Kino jener Tage. »BOOM!« ist aber auch ein Begriff für die italienische Gesellschaft, die in ihre reife und moderne Form eintrat und sich rasch von einer bäuerlichen Kultur zu einer neuen urbanen und industrialisierten entwickelte. »BOOM!« ist letztlich auch ein lautmalerischer Pop-Sound, eingängig und unmittelbar wie die moderne Musik, die dieses aufregende und kontroverse Jahrzehnt erschütterte.